Heiner Stahl: „Stimmgabeln. Vom Lernen über das Hören und die Verwissenschaftlichung des Gehörs am Beispiel der Zeitschrift für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane (1890-1915).“

Am Beispiel der Zeitschrift für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane zeigt dieser Beitrag auf, wie sich zwischen 1890 und 1915 im naturwissenschaftlichen Diskurs die Verständnisse vom Hören und der Leistungsfähigkeit des Gehörs herausbildete. Es geht insbesondere darum, an den Aufsätzen von Max Meyer, William Stern, Theodor Lipps, Wilhelm Heinrich, Hendrik Zwaardemaker und Carl Stumpf die empirische Vergegenständlichung der Hörfähigkeit herauszuarbeiten. Dabei interessiert es vorallem, die Zielstellung der jeweiligen Studien und Laborversuche in einen größeren Zusammenhang von emergierendem Wissen einzufügen (Latour/ Woolgar 1986; Dierig 2006). Für diese Versuche ist die Stimmgabel ein Werkzeug, um die Funktionsweisen des Gehörs zu ermitteln. Sie führt auf eine Entdeckungsreise durch das Ohr und die Nervenbahnen. Die Stimmgabel erschließt auf diese Weise die auditive Ebene der Sinnesverarbeitung. Aus psychologischer Perspektive ist sie eine individuelle psychische Leistung. Aus kommunikations, medien- und geschichtswissenschaftlicher Perspektive erlangen zudem die Raster sozialer und kultureller Aushandlungen an Bedeutung, in welche das Informationsprodukt eingeflochten ist. Die psychische Eigenleistung ordnet sich in einen sozialen Kommunikationsverlauf ein (Serres 1992). Dieser Kommunikationsfluss enthält im selben Maßen die Spuren von Vergangenheit und Erinnerung wie er auf die eine gegebene Gegenwart verweist.

Dabei spielt die Leistungsfähigkeit des Ohres eine tragende Rolle. Der Modus naturwissenschaftlicher Wissenserzeugung kontrastiert somit die populäre Beschäftigung mit Lärmbelästigung (Theodor Lessing), welche sich in die (Gesellschafts-)Kritik der Moderne einfügt.

Literatur:

Dierig, S. (2006). Wissenschaft in der Maschinenstadt: Emil Du Bois-Reymond und seine Laboratorien in Berlin. Göttingen: Wallstein-Verl.,

Latour, B. And Woolgar, S. (1986). Laboratory life. The construction of scientific facts. Princeton: Princeton Univ. Press, 1986.

Serres, M. (1992). Hermes. Interferenz. Berlin: Merve.


Kommentare

Eine Antwort zu „Heiner Stahl: „Stimmgabeln. Vom Lernen über das Hören und die Verwissenschaftlichung des Gehörs am Beispiel der Zeitschrift für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane (1890-1915).““

  1. […] Volmar, Axel/Schröter, Jens (Hg.): Auditive Medienkulturen. Techniken des Hörens und Praktiken der Klanggestaltung. Bielefeld: transcript, 2013 [Leseprobe]. […]

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